Im Sommer 2017 wurde händeringend ein neuer Vorstand für die Kolpingsfamilie Oberammergau gesucht. Manfred Girschek hatte sein Amt niedergelegt und es wurde bereits über eine Auflösung gesprochen. Nach zahlreichen schlaflosen Nächten habe ich mich dann entschlossen, den Vorsitz am 23.10.2017 zu übernehmen. Die Auflösung war abgewendet und am 9.12.2017 feierten wir im Kolpingsstüberl das 110-jährige Bestehen seit der Gründung.
Dabei wurde aus der Chronik berichtet, dass der Verein 1911 bis 1914 seine erste Blütezeit erlebte, nachdem er sich mit den „Ettaler Gesellen“ vereinigt hatte. Am Pfingstmontag 1911 war die Fahne des Vereins geweiht worden, welche dann 2007 auf Initiative von Konrad Saal aufwendig restauriert wurde. Bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges war die Zahl der Mitglieder auf 130 angestiegen, elf davon kehrten jedoch nicht mehr aus dem Krieg zurück. Nach Ende des Krieges entwickelte sich das Vereinsleben weiter. Bei den eigenen Theateraufführungen wirkten Hugo Rutz, Anton Lang, Guido Mayr und Melchior Breitsamter mit, Darsteller im Passionsspiel 1922 und teilweise selbst Mitglieder des Vereins. Der Verein versorgte – ganz im Sinne Adolph Kolpings – bis 1929 an die 600 wandernde Handwerksgesellen, die auf Suche nach Arbeit durch Oberammergau zogen, mit Verpflegung und Unterkunft. 1934 verboten die Nationalsozialisten die katholischen Verbände. 1946 wurde die Kolpingsfamilie neugegründet und auf dem Aufacker und dem Laber wurden für die gefallenen Mitglieder die Gedenkkreuze errichtet. Der Einweihung des Kreuzes am Laber durch Präses Josef Forstmayr 1949 wohnten 400 Oberammergauer bei.
Nach diesen wenigen, mir aber besonders bedeutsam erscheinenden Eckdaten aus der frühen Vereinsgeschichte möchte ich direkt zu meiner kurzen Zeit als Vorstand überwechseln. Ich bemühte mich, den Verein durch einige Aktivitäten und damit auch durch finanzielle Einnahmen zu fördern. Die einst von Konrad Saal ins Leben gerufene Aktion „Vinschgerl- und Kaffeeverkauf am Erntedanksonntag“ wurde weitergeführt. Die Feldkreuze schmückten wir mit frischen Blumen, bei den monatlichen Treffen war das Kolpingsstüberl gut besucht. Nach dreijähriger Pause übernahmen wir 2018 und 2019 wieder den Getränkeverkauf beim Pfarrfest. Es wurden zwei Vorträge zur politischen Bildung veranstaltet mit Florian Streibl zu Gast, dem Fraktionsvorsitzenden der Freien Wähler im Bayerischen Landtag. Es folgten zwei Ausstellungsbesuche in den Museen von Oberammergau und Garmisch-Partenkirchen. Drei Schuhsammelaktionen in den Jahren 2017 bis 2020 erbrachten die stolze Zahl von insgesamt 1693 abgegebenen Paar Schuhen, die in 86 Kartons verpackt, zu Post gebracht wurden. Die Filmvorführung vor 240 Besuchern im Pfarrsaal über die Besteigung des Dhaulagiri VII vor 40 Jahren wurde ein großer Erfolg und mit dem Ertrag konnte unser Wunschtraum verwirklicht werden, das sog. „Vetterkreuz“ neu zu errichten und die Christusfigur restaurieren zu lassen.
Bei der Jahresmitgliederversammlung am 27.7.2021 stellte ich mich nun aus Altersgründen nicht mehr zu Wahl und nachdem kein neuer Vorstand gefunden werden konnte, musste leider die Entscheidung fallen, die Kolpingsfamilie zum 31.12.2021 aufzulösen. Der Patenverein Garmisch hat jedoch die Aufnahme unserer Mitglieder angeboten, was allgemein auf Zustimmung stieß und der Diözesanverband hat alldem den Status einer „Kolping-Gemeinschaft“ zuerkannt. So können wir auch weiterhin jeden Monat zusammenkommen und an Fronleichnam und bei Beerdigungen mit der Fahne auftreten.
Natürlich bin ich traurig über diese Entwicklung, aber ich hoffe, dass eine junge Generation die Ideale eines Adolph Kolping wieder aufgreift.
Ein herzliches „Vergeltsgott“ an alle Mitglieder und Mithelfenden!
Ich wünsche Allen Gesundheit und Glück, Euer Heinz Kobler